RCT Linthkanal-Fahrt 2025 - Nur drei von sieben Crews blieben trocken

Ein Erfahrungsbericht von Bernhard

„Das bringt jetzt au nüt meh“, meinte Marie-Hélène, als Eva zur Lenzpumpe griff. Stimmt, man hätte den ganzen Linthkanal auspumpen müssen. Das Wasser stand über der Bootswand, die Crew sass in der Wanne. Mit gespreizten Flügeln war AURORA über die Stromschnelle in die Walze geschossen. Da nützten auch die sorgsam mit Folien abgedeckten Bug- und Heckpartien nichts, wenn die Walze über die volle Länge rollt. Wie ein sterbender Schwan mit ausgebreiteten Flügeln ging AURORA in den Fluten unter. Bald sah die Crew aus wie die tief im Wasser schwimmenden Kormorane – nur noch die Köpfe schauten aus den Fluten. Nun war Schwimmen angesagt! „Lasst das Boot los und schwimmt ans rechte Ufer“, instruierte der SLRG-Rettungsschwimmer. Er zog die AURORA flink ans linke Ufer.

War das ein Spektakel! Zusammen mit der ganzen Crew der GAIA verfolgte ich alles aus dem Logenplatz. Denn wir steckten unmittelbar nach der Stromschnelle am rechten Ufer mit dem Bug verkeilt in den Bordsteinen. „Läck het das gchroset“, war Luz‘ Kommentar zu unserer unfreiwilligen Landung. Er hatte als Organisator alles vom Ufer aus mitverfolgt. Ja, es war ein heftiger Ruck, den ich am Bug spürte. Aber es ging ohne Schleudertrauma ab. GAIA hatte die Stromschnelle wunderbar und trocken passiert – die Plastic-Abeckungen bringen wirklich was! – , dann drückte die naturgemäss stärkere Strömung in der Mitte des Kanals den Bug aber zum Ufer. Backbord konnten wir gar nicht mehr rudern. Backbord-Ruder lang! Mit dem Widerwassereffekt war dann jegliches Steuern vorbei – und crash-bumm-bang! Und wir steckten so blöd am rechten Ufer, dass AURORA hinter uns die Stromschnelle näher zur Mitte passieren musste. Und ja, dann passierte es halt. „Sorry, gäll!“ Chauffeur Marco hat sicher alles gnadenlos scharf auf Fotos festgehalten. Das gibt dann hoffentlich ein neues Foto-Tableau für den Clubraum oder ein Juni-Kalenderbild für 2026!

Zur Beruhigung: Das Wasser war warm, beide Boote schlugen nicht leck und konnten weiterrudern und wahrscheinlich sind auch die Schäden noch überblickbar. Genaueres wird man beim Samstag-Kaffee dann schon mal hören. Einige „Wasser“-Flaschen und ein Paar „Wasser“-Schuhe machten ihren Namen auch alle Ehre und trieben im Wasser davon.

Zwei Rettungsschwimmerinnen hatten inzwischen GAIA aus ihrer misslichen Lage befreit. Am Heck stiegen Barbara und Sandra H., wieder ein und auch ich setzte mich wieder in den Bug. Andreas und Stephan W. hatten GAIA gar nie verlassen müssen. Befreit trieben wir an Linthkanal-Täuflingen Chris, Fred, Marie-Hélène, Eva und Sandra G. vorbei, die sich schwimmend an Steinen und Büschen am Ufer festhielten. „Alles gut!“, rief die unerschrockene Sandra G. uns zu.

Wir waren froh, als wir sicher waren, dass der Bug nicht leckte. Die restliche Kanalfahrt ging problemlos. Vor uns dräuten über dem Obersee aber grimmig-schwarze Wolken. Auf eine Erkundungstour durch die Bätzimatt verzichteten wir und entschieden uns auch für die kurze Strecke nach Rappi über Bollingen. Das Wetter hatte schon die meisten MoBos vertrieben; das Wasser war nur windgerippelt. Bald glätteten heftige Regenschauer auch diese kleinen Wellen. Wir kamen zügig voran, die meisten Seezeichen passierten wir steuerbords und hielten so genug Abstand von allen weiteren Gefahrenstellen.

„Dir gseht guet us!“, hörten wir kurz vor Rappi aus einem Schluuchi. Andreas vom RCRJ empfing die sieben Boote auf dem Wasser, die dieses Jahr an der Linthkanal-Fahrt offiziell dabei waren. Viere Crews wurden nass, drei blieben trocken. Inoffiziell war auch noch ein waghalsiger Skiffier dabei. Beim Fischchnusperli-Essen auf der mittlerweile wieder sonnengetrockneten Terrasse des RCRJ hörte ich nur, dass der schon vor der Stromschnelle gekentert sei.

Was lernen wir daraus?

  • Die Linth-Kanal-Fahrt ist ein cooles Abenteuer und Rudern ist ein Wassersport.

  • Die Lenzpumpen gehören bei solchen Fahrten an Bord, reichen unter Umständen aber nicht aus.

  • Die Plastic-Abdeckung an Bug und Heck halten normale Wasserschwapper ab – aber keine Wasserwalze, die übers ganze Boot rollt. Da bräuchte es schon Spritzdecken wie bei See-Kajaks.

  • Wir sollten die Strömungsverhältnisse in Flüssen und Kanälen vorab als Crew verinnerlichen und uns als See-Ruderer mal überlegen, wie sich Boote im strömenden Wasser verhalten. Denn die Boote müssen schneller als die Strömung sein, damit man überhaupt Steuerdruck behält.

  • Die Strömung ist naturgemäss in einem geraden Kanal in der Mitte am schnellsten.  Selbst wenn das Boot zur Mitte gesteuert wird, drückt die Strömung den Bug wieder zum Ufer, wenn das Boot nicht deutlich schneller als die Strömung fährt.

  • Eventuell brächten Bug-Fender was, mit denen wir den ganzen Steven schützen könnten. Ich bring mal einen mit und schau das mit den Bootswarten an.